03/2011: Die nukleare Gefahr – Ausstieg jetzt!

Erst in der Januarausgabe des Themas des Monats stand der atomare Super-GAU von Tschernobyl, der sich im April dieses Jahres zum 25mal jährt, im Mittelpunkt. Dass nur wenige Wochen nach diesem Artikel das Thema „Atomkraft und seine Risiken“ wieder derart aktuell sein würde, war nicht zu erwarten.

In Folge des Erdbebens in Japan, das allein bereits katastrophal genug war, geraten im Kernkraftwerk Fukushima die Reaktoren zunehmend außer Kontrolle. Auch in anderen japanischen Nuklearanlagen ist die Gefahr noch nicht gebannt.

De Berichterstattung diverser Fernsehsender zog in den ersten Tagen nach dem 11. März 2011 Parallelen zum Unglück von Tschernobyl und strahlte zahlreiche Beiträge aus, die die Katastrophe von 1986 thematisierten. Dies und die Tatsache, dass der Artikel über Tschernobyl und die Todeszone einen deutlichen Anstieg der Zugriffe verzeichnete, hat mich dazu bewogen, das Thema Atomenergie erneut aufzugreifen.

Tschernobyl und die derzeitige Situation in Japan sind zunächst aus verschiedenen Gründen nicht grundsätzlich miteinander vergleichbar:

  1. Der Reaktor von Tschernobyl war ein Graphit-gesteuerter Reaktortyp, während die betroffenen japanischen Reaktoren sogenannte Siedewasserreaktoren sind. Der politisch-strategische Vorteil Graphit-gesteuerter Reaktoren liegt vor allem darin, dass sie schnell von ziviler Nutzung (= Energiegewinnung) auf militärische Zwecke (= Produktion waffenfähigen Plutoniums) umgerüstet werden konnnten.
  2. Die Region um Fukushima ist um ein Vielfaches dichter besiedelt als die Gegend um Tschernobyl. Sollte es in Japan zu einem Super-GAU kommen, wären wesentlich mehr Menschen von der Strahlung betroffen.

Dennoch zeigen sowohl der Vorfall in Tschernobyl als auch die aktuellen Zwischenfälle in Japan, dass Atompolitik keine Angelegenheit einzelner Staaten sein kann und darf. Beide Vorfälle zeigen deutlich, dass die Folgen eines Zwischenfalls niemals auf das Territorium der verantwortlichen Staaten beschränkt bleibt, sondern auch die Bevölkerung der Nachbarstaaten betrifft und weitere Kreise zieht. Hier stellt sich die ethische Frage, ob ein einzelner Staat das Recht hat, Entscheidungen zu treffen, die letztendlich auch Menschen anderer Staaten existentiell gefährden.

Unabhängig davon beeinflussen vor allem wirtschaftliche Interessen die Informationspolitik bei nuklearen Störfällen. Dass 1986 die betroffene Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit nur spärlich informiert wurden, lag an der weltpolitischen Situation: Die Welt war durch den Kalten Krieg und das atomare Wettrüsten in zwei Lager – NATO und Warschauer Pakt – gespalten. Keine Seite wollte sich eine Blöße geben. In den vergangenen 25 Jahren seit Tschernobyl hat sich die weltpolitische Situation wesentlich verändert – die Informationspolitik hingegen nicht!

Auch bei der Katastrophe in Japan wurde die Schwere des Unglücks zunächst heruntergespielt. Dasselbe gilt für die Aussagen der deutschen Bundesregierung zur Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke, deren Laufzeit erst kürzlich verlängert wurde. Selbstverständlich ist Deutschland kein stark erdbebengefährdetes Land, aber das generelle Problem ist die Nichtbeherrschbarkeit nuklerarer Energiegewinnung. Deshalb muss die Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke zurückgenommen und über einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie nachgedacht werden. Der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung befürwortet inzwischen den Ausstieg und die Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke. Jetzt sind die Politiker gefordert!

Unabhängig der persönlichen Vorteile durch Aufsichtsratsmandate und Beteiligungen kommunaler Energieversorger an Atomkraftunternehmen und den damit verbundenen zusätzlichen wirtschaftlichen Einnahmequellen muss jeder einzelne Politiker sich hinterfragen lassen, ob die Risiken der atomaren Energiegewinnung ethisch vertretbar sind. Die Zugeständnisse Angela Merkels, die vor der Laufzeitverlängerung für die Abschaltung vorgesehenen Kernkaftwerke für drei Monate stillzulegen, sind mehr als durchsichtig. In drei Monaten sind die anstehenden Wahlen auf Landesebene und der damit verbundene politische Druck vorbei. Vermutlich wird dann argumentiert, man habe in dieser Zeit alle Risiken eingehend geprüft und es geht keine Gefahr von deutschen Atommeilern aus, so dass diese wieder ans Netz gehen können. Bis zu den nächsten Landtagswahlen ist dieser taktische Schachzug wieder vergessen. Deshalb kann es nur heißen:

AUSSTIEG JETZT!

Am kommenden Sonntag findet ab 13 Uhr in Bochum am Rathaus eine Kundgebung mit der Forderung zum sofortigen Atomausstieg statt. Weitere Informationen stehen hier zur Verfügung.

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