Brauerei F.

Wenn man ein bisschen in der Geschichte nachforscht, erfährt man recht schnell, dass Bier schon vor tausenden von Jahren ein beliebtes Getränk war. Mit der Zeit hat sich an der Zubereitung und den Zutaten natürlich einiges geändert, was aber nicht zu einem geringeren Verbrauch führte. z.B. Deutschland lag mit dem Pro-Kopf-Verbrauch von 115 Liter im Jahr 2008 (http://de.wikipedia.org/wiki/Bier) auf dem 2. Platz im gesamten Europavergleich. Wenn man für 2008 von ca. 82 Mio Einwohnern ausgeht, wurden demzufolge rund 9,4 Mrd. Liter Bier verbraucht. Um diese gigantischen Mengen zu produzieren, bedarf es daher einer Heerschar von Brauereien.

Eine der größten Privatbrauerein im mitteldeutschen Raum war fast 180 Jahre lang die Freyberg-Brauerei.

Nach der Lockerung der Gewerbefassung 1814/15 gründete der Stärkefabrikant Christian Gottfried Rauchfuß 1816 diese Brauerei auf einem kleinen Grundstück im Zentrum von Halle. Er achtete bei seinen Rezepturen stets auf den aktuellen Biergeschmack, der vor allem durch norddeutsche Biere geprägt war.

1846 übernahm Friedrich Wilhelm Hermann Rauchfuß das Unternehmen von seinem verstorbenen Vater. Sein Hauptaugenmerk lag in der Erneuerung und Vergrößerung des Objekts, um fortwährend dem Wettbewerbsdruck stand zu halten, eine hohe Bierqualität zu liefern und die Kunden zufrieden zu stellen. Nach einem Großbrand 1852 wurde die Brauerei völlig vernichtet, dies nutze F.W.H. Rauchfuß aus und baute sie mit zahlreichen Neuerungen wieder auf. Der neue Name „Dampf-Bier-Brauerei-Hermann-Rauchfuß“ war auf die nun vorhandenen Dampfmaschinen zurück zu führen.

1879 übernahm Hermann Freyberg der Neffe von F.W.H. Rauchfuß die Leitung der Firma, welcher der eigentliche Begründer der Brauwissenschaft war. Die neusten Erkenntnisse darüber erwarb er zuvor im Münchner Polytechnikum, außerdem in Akademien in Paris und Wien. Er sorgte zuerst für die Modernisierung der vorhandenen Gebäude und anschließend für die Umsiedlung der Brauerei an den jetztigen Standort direkt an der Saale. Neben den Bauvorhaben zur Produktionssteigerung, sorgte er aber auch für die Verbesserung der sozialen Leistungen seiner Belegschaft. So gab es z.B. nach einer 24h-Auslieferungsschicht einen freien Tag. Des weiteren gründete er die Margareten-Stiftung, die eine Unterstützungskasse für die Mitarbeiter war.

1919 ging das Unternehmen dann in den Besitz von Hans Freyberg, dem Sohn von Hermann Freyberg, über. Nach seinem Landwirtschaftsstudium in Berlin sammelte er zusätzlich Erfahrungen in Leipzig, München, Marseille und den USA und lies diese in die Produktion mit einfließen. Unter ihm erreichte die Brauerei dann ihren wirtschaftlichen Höhepunkt mit einer Bierproduktion von 100.000 hl/Jahr.

Ab 1947 wurde die Freyberg-Brauerei zusammen mit der Engelhardt-Brauerei verstaatlicht und von der VENAG (Vereinigung Volkseigener Betriebe der Nahrungs- und Genußmittelindustrie des Landes Sachsen-Anhalt) geleitet. 22 Jahre später erfolgte der Anschluss an den VEB Brau- und Malzkombinat Halle, der 1972 in den VEB Getränkekombinat umbenannt wurde. Nach der Wende ging sie abermals in neuen Besitz über und es folgten weitere Namensänderungen, zuletzt die Meisterbräu GmbH. 1993 kam es dann zur Produktionseinstellung, was gleichzeitig das Ende des halleschen Brauereigewerbes bedeutete.

Seitdem verfallen wieder einmal bedeutende Gebäude vergangener Industriegeschichte. Neben dem Streit über die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen sowie über den Erhalt der denkmalgeschützten Jugendstilfassade, gab es Ideen über eine neue Nutzung der vorhandenen Gebäude. Zum einen 1994 den „Tanzpalast Kantine“ , welcher allerdings nicht lange Erfolg hatte und zum anderen fand 1995 ein Architekturwettbewerb statt, dessen Siegerkonzept aber nie verwirklicht wurde. 2000 zerstörte ein Brand leider einen großen Teil der Gebäude. Und auch die letzte Idee, die Gebäude in Wohnungen umzubauen, wurde abermals nicht verwirklicht. (http://www.aki-halle.de/blaetter/18/01/01.htm)

Mittlerweile sind die restlichen Gebäude stark verfallen bzw. durch Vandalen verschandelt und zerstört. Das Gelände zu Betreten ist zum Teil lebensgefährlich, da zum einen im Innenhof ein riesiges Loch klafft, was direkt hinunter in den äußerst maroden zweigeschössigen Keller führt und zum anderen auch die anderen Wege und Durchgänge auf dem Gelände alles andere als stabil sind.

Vor einigen Wochen schöpfte ich ein weiteres Mal vergeblich neue Hoffnungen, dass sich auf dem Gelände etwas Positives zuträgt, da immer wieder das Eingangstor offen stand. Doch nachdem ich einen jungen Mann, der dort anzutreffen war, angesprochen hatte, erzählte mir dieser, dass sein Chef ein Teil des Geländes nur als Lagerplatz gemietet hat. Bleibt abzuwarten, ob es noch eine Zukunft für diese ehemals bedeutende hallesche Brauerei gibt oder ob sie, wie so viele andere Gebäude, der erbarmungslosen Abrissbirne weichen muss.

2 Gedanken zu „Brauerei F.

  • 29.03.2011 um 23:57
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    Guten Abend,

    Ich studiere Architektur an der TU Graz und bin auf der Suche für ein geeignetes Diplomarbeitsthema auf das Gelände und die Gebäude der Freyberg-Brauerei gestoßen.

    Meine Frage an Sie wäre, wer für das Gelände der Freyberg-Brauerei zuständig ist bzw. von wem ich eine Genehmigung bekommen könnte das Gelände zu betreten. Ich hoffe Sie können mir in diesem Fall weiterhelfen.

    MfG
    Andreas

    Antwort
    • 02.04.2011 um 09:51
      Permalink

      Hallo,

      ich habe die Serie über die Freyberg-Brauerei nicht erstellt. Ich leite die Anfrage aber gerne an die Fotografin weiter, die sicherlich helfen kann.

      MfG Olaf

      Antwort

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